Ausbildungs-Reform

Downloads zum Gesetzentwurf vom 25.7.2017

1. Stellungnahme dgkjf Neues Psychotherapeutengesetz ist der größte Gesundheits-Skandal
2. Sulz Duale Ausbildung für eine qualifizierte Zukunft der Psychotherapie_2-2017
3. Abbildung Duale Ausbildung Psychotherapie
4. Sulz Von der Psychotherapie-Wissenschaft zur Kunst der Psychotherapie. CIP-Medien-Verlag S.140-194
5. Ebook_Psychotherapie_ist_mehr_als_Wissenschaft
6. Presse-Information: Das neue Unwort Psychotherapeutenausbildungsreformgesetz verspricht nichts Gutes – nur einen Skandal

Enteignung:

Das BMG nimmt den erfahrenen PsychotherapeutInnen die Ausbildung weg und gibt sie der Universitätspsychologie. Das ist Enteignung. Und quasi Verstaatlichung.

Beteiligung der Wissenschaft wäre dagegen eine gleichberechtigte gemeinsame Gestaltung der Ausbildung:

Von der Psychotherapie-Wissenschaft zur Kunst der Psychotherapie (denn Psychotherapie ist mehr als Wissenschaft)

Direktstudium:

Universitätsprofessoren sind nur nebenbei Psychotherapeuten*. Sie arbeiten 50 Stunden wöchentlich in der Forschung und Lehre und nur zwei bis drei Stunden therapeutisch.

Sie können deshalb Wissenschaft lehren, aber keine Praxis vermitteln.

Aus dem Direktstudium resultiert somit keine Behandlungskompetenz.

Deshalb darf es nach diesem Studium keine Approbation geben.

Der Patientenschutz gebietet dies – und die Sicherung der Versorgungsqualität! Insbesondere der Schutz psychisch erkrankter Kinder!

Psychotherapiepraxis müssen erfahrene PsychotherapeutInnen und SupervisorInnen lehren

  • außerhalb der Universität, im Aus- und Weiterbildungsinstitut.

* im Gegensatz zur Medizin, in der jeder Professor zugleich erfahrener Facharzt ist

Weiterbildung:

So viel wie möglich ambulant, so wenig wie möglich stationär:

 

  • In der Klinik sind die Liegezeiten der Patienten so kurz, dass gar keine reguläre Psychotherapie stattfinden kann

 

  • In der Klinik frisst die Aufgabe der Patientenversorgung so viel Kraft und Zeit, dass nichts mehr für die Weiterbildung übrig bleibt
  • In der Klinik gibt es höchstens ein Zehntel der benötigten Stellen, so dass es zum Nadelöhr kommt mit Weiterbildungszeiten bis zu zehn Jahren (wegen Warten auf einen tariflich bezahlten Arbeitsplatz in der Klinik oder überhaupt kein Zugang zu diesem Beruf für 90 % der Studenten.

So viel wie möglich berufsbegleitend:

 

  • Die Pflicht zu jahrelanger ganztägiger Weiterbildung verbessert nicht die bisher hoch qualifizierte berufsbegleitende Ausbildung – das ist vertane Zeit
  • Die Pflicht zu jahrelanger ganztägiger Weiterbildung ist familienfeindlich

Quellen:

Buchholz M. B.: Psychotherapie als Profession. Gießen: Psychosozialverlag 1999

Hofmann S. G. & Weinberger J.: The Art and Science of Psychotherapy. New York: Routledge 2013

Soldz, S. & McCullough L. (2000): Reconciling Empirical Knowledge and Clinical Experience. The Art and Science of Psychotherapy. Washington DC: American Psychological Association 2000

Sulz S. (Hrsg.): Psychotherapie ist mehr als Wissenschaft. Ist hervorragendes Expertentum durch die Reform gefährdet? München: CIP-Medien 2014

Sulz S. (Hrsg.): Von der Psychotherapie-Wissenschaft zur Kunst der Psychotherapie. Die Kunst des Heilens lehren der Patient und der erfahrene Psychotherapeut. München: CIP-Medien 2015

Znoj H., Berger T. (Hrsg.): Die Kunst und Wissenschaft der Psychotherapie. Bern: Huber 2013

Zitate 1
„Psychotherapie ist mehr als Wissenschaft.“ (Buchholz 1999)
„Psychotherapy is an art and a science. It is a science because therapeutic techniques should be empirically supported and rooted in falsifiable models of the psychological problem that is being treated. Psychotherapy is also an art because these techniques need to be applied flexibly and creatively to a specific person.“ (Hofmann & Weinberger 2013, S. XVII)
„Curiously, many of these unlicensed researchers* are developing new treatments and are instructing the next generation of clinical practicioners.“ (Anderson (2000) in Soldz & McCullough, S. 85)

  • Forscher ohne ausreichende Praxiserfahrung

„Most of the leading journals in clinical psychology are edited by researchers who do not themselves practice, and regardless of their explicit attitudes, their implicit attitudes toward practice are manifest in …and on how clinicians should replace their foolish folk ways withe researchers‘ empirically supported but clinically often naive notions about how people who do practice should think, about, acces, and treat patients …“ (Westen (2013) in Hofmann & Weinberger, S. 5)
“Psychotherapie-Ausbildung sollte nicht ausschließlich an Universitäten stattfinden
Dozenten, die an Universitätsinstituten tätig sind, sind (mit einigen Ausnahmen!) überwiegend in theoretischer und empirischer Forschung tätig: Sie sind damit ganz unbestritten Experten für Theorie und Ex-perten für Forschung. Sie sind jedoch nur selten ebenfalls Experten für die Praxis von Psychotherapie: Sie weisen meist nur relativ wenig Praxiserfahrung und auch wenig Erfahrung als Supervisoren auf.” (Sachse et al. (2014) in Sulz 2014, S. 28)
„Aber die Kritik des medizinischen Modells in der Psychotherapieforschung geht weiter. Während sich die Pharmaforschung auf die rationale Analyse begrenzen kann, reicht das für Erfassung und Heilung psychischer Probleme nicht aus. Die besinnungslose Reduktion auf das Messbare ist eine unzulässige Verkürzung der Kartografie menschlicher Probleme, und die Rückbesinnung auf das Subjektive als den Ursprung von Erkenntnissen erscheint unvermeidbar.“ (Revenstorf (2014) in Sulz 2014, S. 149)
„Durch diese Studie wurde mir klar, dass die Entscheidung, ob eine bestimmte Methode unter streng kontrollierten Bedingungen einer anderen Methode oder der Kontrollgruppe überlegen ist, etwas anderes ist als die Frage nach dem, was in der Praxis wirkt (…). Ich halte „Efficacy“-Studien seitdem nicht mehr für die einzige, ja nicht einmal für die beste Möglichkeit, um festzustellen, welche Methoden in der Praxis tatsächlich wirksam sind. Ich bin zu der Überzeugung gekommen, dass „Effectiveness“-Studien, mit denen die Erfahrungen der Patienten unter den realen Bedingungen in der Praxis erhoben werden, eine brauchbare und glaubwürdige „empirische Validierung“ von Psychotherapie und Medikation ermöglichen“ (Seligman 1997, S. 271).
„Auch wenn ich als Verhaltenstherapeut tätig bin und die Wissenschaft für eine mustergültige Untersuchungsmethode halte, verstören mich die Bemühungen um eine „Medikalisierung“ der Psychotherapie, ihre Reduzierung auf ein nach der somatischen Medizin gestaltetes Heilverfahren. Nach Untersuchung der psychosozialen Funktionen der Psychotherapie, ihres werte-affinen Charakters, ihrer Rolle in der westlichen Tradition der Selbstbetrachtung und ihres Zusammenhangs mit der praktischen Alltagsexistenz des Menschen bin ich der Ansicht, dass sich die Psychotherapie durch eine unausweichliche Dimension auszeichnet, eine, die sämtlichen Bemühungen sie abzuschaffen widersteht. Ich bin fest davon überzeugt, dass wissenschaftliche Denkweisen eine entscheidende und aussagekräftige Rolle im psychosozialen Gesundheitswesen spielen, betrachte die Wissenschaft jedoch nur als eine Dimension in der Konstellation sozialer Praktiken, die die Psychotherapie umfasst.“ Robert L. Woolfolk (1998, xvii)

„nur etwa 4% aller ambulant und stationär erbrachten Dienstleistungen dem Anspruch auf belastbare Evidenz genügen, 45% genügen einfacheren Evidenzkriterien und für den ‚Rest‘ (rechnerisch 51%) gibt es heute keine wissenschaftliche Evidenz“ (SVR 1999, S. 79).
(SVR = Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen in einem Bericht über das Ausmaß an Evidenzbasierung in der Krankenbehandlung)

„To speak in the vernacular, clinicians who rely exclusivly on internal validity* know more and more about less and less. Clinicians who rely excluxively on external validity know less and less about more and more.“ (Stricker (2013) in Hofmann & Weinberger, S.97)

*Erläuterung: Interne Validität steht für den derzeitigen goldenen Standard der Therapieforschung: Evidenzbasierung und RCT-Forschungsdesign (EST = Empirically Supported Therapies, EBP = Evidence Based Practice). Externe Validität steht für Feldstudien ohne randomisierte Kontrollgruppen, aber auch für klinische Erfahrung ohne empirische Absicherung.
„Gut zwei Jahrzehnte nach Einführung von EbM durch die Gruppe um David Sackett, werden die eindringlichen Warnungen des Gründers (z.B. Sackett et al. 1996) ignoriert und oft eine entstellte Form, die lediglich RCT-Studien berücksichtigt, irreführend als „EbM“ ausgegeben.“(Kriz 2014, in Sulz 2014, S. 180.)
(EbM = Evidence base Medicine = EBP = Evidence Based Practice)
„Insgesamt gesehen ist das Ausmaß an methodischem Unverständnis und faktischem Missbrauch der guten Idee von „Evidenzbasierung“ … derart gravierend, dass EbM daher für die Bewertung von Psychotherapie sehr kritisch gesehen werden muss.“ (Kriz 2014, in Sulz 2014, S. 181)
„Wo die Wissenschaft das höherwertige Wissen beansprucht, entsteht derzeit eine fatale Situation, wenn Universitätsinstitute klinische Ausbildungen anbieten, diese im Vergleich mit anderen evaluieren werden und man dann nach allen Erfahrungen jetzt schon voraussagen kann, wie die Ergebnisse ausfallen werden. Das ist, als würden auf dem Fußballplatz die Schiedsrichter mitspielen wollen und gleichzeitig darunter leiden, dass Schiedsrichter ja nicht gewinnen können. Was wollte man auch gewinnen? Ich plädiere gegen eine Unterordnung der Profession unter die Wissenschaft und für ein Nebeneinander von beiden; das vermeidet unnötige Konkurrenz, fördert aber Kontroversen und insgesamt die Kommunikation.„ (Buchholz 2000, S. 14)

Zum Schluss noch ein bisschen Logik:

Psychotherapie wird zum Heilberuf zweiter Klasse:

  1. Das Studium der Psychotherapie ist im praktischen Teil qualitativ viel schlechter als das der Medizin.
  2. Deshalb ist die psychotherapeutische Approbation auch viel weniger wert als die ärztliche.
  3. Also kommt es zu keiner Aufwertung der Psychotherapeuten, sondern zu einer Abwertung (von Seiten der Politik und vor allem von Seiten der Krankenkassen).
  4. Also sind die Krankenkassen auch nicht bereit, so hohe Honorare zu zahlen wie bisher.
  5. Also ist die Politik auch nicht bereit, die Rechte den Ärzten anzugleichen, sondern sie eher noch zu schmälern.
  6. Also werden wir einen Heilberuf zweiter Klasse haben, weit unter dem heutigen Niveau der Psychotherapeuten.

 Das Buch zum Thema: Psychotherapie ist mehr als Wissenschaft (Hrsg. S. Sulz)

Inhalt:

Teil I Psychotherapie und Wissenschaft
Wie Psychotherapie-Ausbildung sein sollte (R. Sachse et al.)
Empirische Fundierung von Psychotherapie: Grundlegende Paradigmen (R. Sachse et al.
Ein Vierteljahrhundert bis zum Psychotherapeutengesetz (B. Waldherr)
Ergebnisse des Forschungsgutachtens (C. Amrhein)
Direktausbildung Psychotherapie – Ein Weg mit fatalen Konsequenzen (S. Fliegel)
Qualitätsverlust? Die Ausbildungsdiskussion vier Jahre nach dem Forschungsgutachten (B. Strauß)
Kuckucksei – über das pharmakolog. Modell in der Psychotherapieforschung (D.Revenstorf)
Wie evident ist Evidenzbasierung? (J. Kriz)
Wissenschaftsdiskussion: Psychotherapie ist mehr als Wissenschaft (S. Sulz)

Teil II Wird Psychotherapie-Epertise geopfert?
Psychotherapie-Definition, Berufsbild und Kompetenzprofil – Der Teufel liegt im Detail (S. Sulz)
Kann die Psychotherapie-Ausbildung ein Direkt-Universitätsstudium werden? (S. Sulz & M. Sichort-Hebing)
Weshalb Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie als Beruf nicht abgeschafft werden darf (S. Sulz & A. Richter-Benedikt)
Wieso das Facharztweiterbildungsmodell ungeeignet für die Psychotherapeuten-Ausbildung ist (S. Sulz & A. Hoenes)

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NEU und Hochaktuell: Von der Psychotherapie-Wissenschaft zur Kunst der Psychotherapie (Hrsg. S. Sulz)

Teil I Gute Psychotherapie

Psychotherapie als Profession (M. Buchholz)

Was ist in der Psychotherapie-Versorgung anwendbar? Partnerschaft von Praktikern und Forschern (D. Westen)

Psychotherapeuten sollten zu Experten ausgebildet werden (R. Sachse et al.)

Von der Psychotherapie-Wissenschaft zur Kunst der Psychotherapie (S. Sulz)

Der wissenschaftliche Zugang der Hermeneutik zur Psychotherapie (H.-J. Hannich)

Die soziale Dimension von psychischer Störungen und von Psychotherapie (G. Zurhorst)

Teil II Gute Psychotherapie-Ausbildung

DIE VIELFALT NUTZEN –Methodenintegration als moderner Verhaltenstherapie (M. Bentrup & J. Könning)

Berufsbezogene Selbsterfahrung in der Psychotherapieausbildung B. Kleining)

Keine Approbation ohne Behandlungskompetenz: Kunst-Handwerk lernt man nicht im Hörsaal (F. Sedlacek)

Qualifizierte Psychotherapie für Kinder und Jugendliche (A. Walter)

Bestellen unter www.cip-medien.com – Print und ebook

Im Herbst 2016 erscheint in deutscher Übersetzung:

Robert Woolfolk: Vom Werteverfall der Psychotherapie – wie die Psychotherapie sich selbst begräbt.

München: CIP-Medien