Informatives für Jugendliche

Wenn Du diese Seite liest, überlegst Du Dir vielleicht, ob eine Psychotherapie hilfreich oder gar notwendig sein kann.

 

Diese Frage kannst Du am besten mit einer Kinder- und JugendlichenpsychotherapeutIn unseres Verbands besprechen (siehe TherapeutInnenliste).

 

Aufschlussreich ist vielleicht auch dieser Text.

 

Auf folgende Themen soll hier eingegangen werden:

 

1 – Psychische Probleme und Krankheiten

2 – Ursachen

3 – Therapien

4 – Ihre Mitwirkung

 

1. Psychische Probleme und Krankheiten

 

Heute gehen wir davon aus, dass es psychische Krankheiten gibt, die aufgrund der Wechselwirkung zwischen sozialer Umwelt und ererbter Veranlagung zum Ausbruch kommen. Symptome sind entweder schwere Depression, Manie oder starke inhaltliche und formale Störungen des Denkens wie Wahngedanken und Wahrnehmungsstörungen wie Halluzinationen. Oft werden diese vorrangig mit Medikamenten behandelt, die auf den Stoffwechsel des Gehirns einwirken (Antidepressiva und Neuroleptika). Bei ihnen hilft Psychotherapie zusätzlich, bleibt aber die zweitwichtigste Behandlung. Insgesamt sind diese Erkrankungen meist chronisch und erfordern diese Erkrankungen eine langjährige psychiatrische Begleitung.

 

Dagegen gibt es häufig akut auftretende emotionale Probleme und Symptome, die aus einer schweren seelischen Belastung heraus entstehen wie Depressionen, Ängste, Zwänge, Essstörungen, Schlafstörungen, Schmerzsyndrome, Sexualstörungen u. a., die mit Psychotherapie allein wirksam behandelt werden können.

 

Eine dritte Gruppe von Krankheiten soll hier auch erwähnt werden. Das sind die Suchtkrankheiten. Sie nehmen eine Mittelstellung ein. Ambulante Psychotherapie sollte einem Psychotherapeuten vorbehalten bleiben, der Erfahrung und Spezialkenntnisse in der Suchtbehandlung hat, damit eine Chance auf einen Therapieerfolg besteht. Andernfalls sollte eine stationäre Behandlung gewählt werden.

 

Schließlich gibt es eine dritte Gruppe von „Krankheiten“, die man heute Persönlichkeitsstörungen nennt. Am bekanntesten sind die so genannte Borderline- oder emotional instabile Persönlichkeitsstörung. Das ist eine bereits seit der Jugend bestehende Art zu denken, zu fühlen, zu handeln, dass viel zu oft Unglück und Unglücklichsein resultiert und irgendwann oben genannte Symptomstörungen hinzukommen, deretwegen man dann in Psychotherapie geht. Man merkt oft nicht, wie sehr man selbst zu seinem steten Unglück beiträgt. Entsprechend langwierig ist die psychotherapeutische Behandlung.

 

2.Ursachen

 

Wir gehen davon aus, dass neben von Geburt an mitgebrachten Veranlagungen in erster Linie ungünstige Erfahrungen in der Kindheit dazu geführt haben, dass man später im Erwachsenenleben manche sehr schwierigen Situationen emotional nicht verkraften kann und mit psychischen oder psychosomatischen Symptomen reagiert. Wir lernen in unserer Kindheit Denk- und Verhaltensweisen, die uns optimal helfen, die schwierigen Situationen der Kindheit zu meistern. Im Erwachsenenleben sind sie aber oft nicht wirksam oder sogar eindeutig nachteilig – manchmal so nachteilig, dass wir sogar Symptome entwickeln. Heute sind wir selbst verantwortlich dafür, ob etwas so bleibt in unserem Leben oder ob wir es verändern. Oft gelingt Veränderung nur mit Hilfe der Psychotherapie. Und Psychotherapie suchen wir dann auf, wenn sich Symptome eingestellt haben.

 

3.Therapien

 

Wir besprechen hier nur die gegenwärtig von den Krankenkassen bezahlten Therapieverfahren. Das sind die analytisch begründeten (tiefenpsychologischen) Verfahren, die davon ausgehen, dass das Wesen eines Menschen mit seinen Möglichkeiten und Begrenzungen im Unbewussten fest verankert ist. Die Therapie versucht also, Zugang zum Unbewussten zu bekommen, um dann in einem therapeutischen Dialog Veränderungen zu erreichen, die wiederum im Unbewussten fest geschrieben werden, während aber eine möglichst gute Verbindung zwischen dem bewussten Menschen und seinem Unbewussten erhalten bleibt. Arbeitsmaterial sind in der therapeutischen Beziehung auftretende Übertragungen von konflikthaften Aspekten der Elternbeziehung. Dieser Vorgang wird bewusst gemacht und bearbeitet. Übertragungen mit ihren ungünstigen Folgen für das heutige Leben werden so frühzeitig erkannt, bestimmen den Menschen nicht mehr bzw. werden sehr selten. Auch die Analyse von Träumen gehört zu dieser Therapie. Die kürzere, bis 100 Stunden dauernde tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie wird einmal wöchentlich im Sitzen durchgeführt, die längere, bis 200 Stunden dauernde analytische Psychotherapie ist noch an das Vorgehen von Siegmund Freud angelehnt und findet zweimal wöchentlich (oft auf der Couch liegend) statt. Die Rolle des Therapeuten ist bei diesen Verfahren eher aufmerksam wahrnehmend (auch seine „Gegenübertragungsgefühle“) und zuhörend.

 

Dagegen nimmt der Verhaltenstherapeut eine deutlich aktivere Rolle ein, handelt mit dem Patienten einen Therapievertrag aus, legt gemeinsam mit diesem Therapieziele fest, gibt Hausaufgaben, macht Übungen und Rollenspiele, damit neue Verhaltensweisen besser gelingen, lobt bei Erfolg, hilft bei Misserfolgen, den Fehler zu finden, damit es beim nächsten Mal sicher klappt usw.

 

Heute gehen Verhaltenstherapeuten auch auf die wWeichen stellenden emotionalen Erfahrungen der Kindheit ein, so dass der Patient verstehen kann, weshalb er bestimmte Fähigkeiten nicht erwerben konnte, die ihm geholfen hätten, ein glücklicheres Leben zu führen. Und sie untersuchen auch die Gefühle wie Angst, Schuldgefühl, Scham, das heute noch verhindern. Sie haben ein Vielzahl von Interventionen zur Verfügung, um festgefahrene Muster zu fühlen, zu denken und zu handeln, zu verändern.

 

Vergleichend kann man nicht sagen, dass das eine oder das andere Verfahren besser ist. Der eine Patient kann sich mehr auf dieses Verfahren, der andere auf das andere einlassen. Wir können natürlich aufgrund unserer Erfahrung etwas bei der Entscheidung helfen.

 

4.Ihre Mitwirkung

 

Sie werden in der Psychotherapie nicht im wörtlichen Sinne „behandelt“, lassen also keine Therapie wohltuend oder strapaziös über sich ergehen und warten bis sie wirkt. Vielmehr ist Psychotherapie ein Dialog, ein Arbeitsgespräch oder Sie führen mit dem Therapeuten zusammen eine Intervention durch, die Ihnen eine neue Sicht, eine neue Perspektive und neue Handlungsmöglichkeiten in Ihrem Leben aufzeigen. Bei der Verhaltenstherapie wird das in ganz konkrete Verhaltensweisen umgesetzt, die Sie ausprobieren und verbessern, bis Sie durch Ihr Verhalten Ihre Beziehungen so gestalten können, wie Sie es sich wünschen. In analytische begründeten Therapien ändert sich in Ihnen etwas, das Sie freier macht für den Umgang mit Ihren heutigen Beziehungen und Ihnen fällt am Ende der Therapie oder schon früher auf, wie viel sich geändert hat.