Forderungen an Politik und Wirtschaft
Serge K. D. Sulz, Alfred Walter, Florian Sedlacek
Nach der Wende haben wir fast alles demontiert bzw. abgeschafft, was die DDR ausgemacht hatte. Nur eines nicht: die Kinderkrippen. Die hat die westliche Wirtschaft für sich entdeckt, um die Frauen so schnell wie möglich wieder an ihren Arbeitsplatz zu bringen. Und die Politiker waren wie immer dienstbar und hilfsbereit. Das passte auch so gut zur Emanzipation der Frau, die auf ihren Beruf nicht mehr zugunsten der Mutterschaft verzichten wollte und sollte. Was für die Wirtschaft gut ist, für Politiker gut ist und auch für Frauen gut zu sein scheint, ist es für das Kind noch lange nicht. Wir wissen, dass wenn Wirtschaft und Politik etwas durchsetzen wollen, wissenschaftliche Erkenntnisse beiseitegeschoben werden. Knallharte Wirtschaftspolitik wird als menschenfreundliche Familienpolitik verkauft. Aus dem Familienministerium wird der verlängerte Arm des Wirtschaftsministeriums. Mit umfangreicher und cleverer Rhetorik wird den Bürgern via Dauerberieselung durch Presse, Funk und Fernsehen das Schlechteste als Bestes verkauft. Busse und Gathmann (2018) stellten allerdings fest, dass trotz starker Zunahme des Angebots und der Inanspruchnahme von Kindertagesstätten die Zahl in den Beruf zurückkehrender Mütter nicht zugenommen hat – die groß angelegte Aktion hat also die erwartete Wirkung nicht erreicht. Da Kinder keine Lobby haben, die die Dinge anders sieht als ihre Eltern, sind sie die Leidtragenden. Das muss aber nicht so bleiben. Eltern können das Problem kurzfristig selbst in die Hand nehmen und langfristig für die notwendige Änderung der Politik sorgen – und sich vielleicht auch vom Diktat der Wirtschaft befreien.